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Klimakiller Fashion-Industrie. Was tun?

Fast Fashion, das beschreibt die heute dominierende Modebranche in der große Ketten wie H&M, Primark, Zara usw. ihre Fillialen im Akkord mit neuen Kollektionen füttern. Kleidung wird in Windeseile und unter menschenunwürdigen Bedingungen von Menschen ohne Arbeitsschutz und mit lächerlichem Lohn produziert, um den nie enden wollenden Konsumhunger westlicher Kund*innen zu bedienen. Fast Fashion beschreibt auch die Kurzlebigkeit dieser Textilien, die aus dünnen Materialen und mit schlecht verarbeiteten Nähten nach dem dritten Tragen auch für die Altkleidersammlung zu schäbig sind. Fast Fashion ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit und bewusster Kaufentscheidung. Fast Fashion spielt in das (künstlich kreierte) Bedürfnis, auf jedem instagram-Foto ein neues Outfit zu tragen und modisch immer up-to-date zu sein, bei bis zu 24 Kollektionen pro Jahr eine ziemliche Mammutaufgabe.

Fast Fashion suggeriert mit niedrigen Preisen gute Schnäppchen, allerdings nur für einen kurzen Moment. Nach der zweiten Wäsche bricht ein Knopf, reißt eine Naht, ist der Saum bereits zerfranst – und lohnt es sich wirklich, hier zu reparieren? Die Antwort ist meistens: nein, denn billige Synthetikfasern lassen sich schwer flicken und können allemal noch zu Lumpen recycled werden. So landen weltweit jährlich 1,3 Millionen Tonnen Textilien auf dem Müll. „Kleidung wird zur Wegwerfware“ schreibt Greenpeace in einem Bericht (1).

Während auf der einen Seite die ausbeuterische und umweltschädigende Modeindustrie wächst und wächst, steigt auch das Bewusstsein für nachhaltige und faire Mode. Dies hat bei den meisten großen Labels dazu geführt, dass Marketingstrateg*innen auf „Greenwashing“ setzen, also halbherzig durchgeführte, aber groß angeworbene Biobaumwolle-Kollektionen und #fairpay-Aktionen. Es geht aber auch anders.

Die Alternative: Slow Fashion

Das Gegenteil von Fast ist Slow und so wird was früher „Naturmode“ hieß heute als „Slow Fashion“ über Ökokreise hinaus cool. Dabei geht es, anders als der Name zunächst vermuten lässt, nicht (nur) darum, dass Kleidungsstücke langsamer und achtsamer verarbeitet werden. Stattdessen bezeichnet Slow Fashion den kompletten Gegentrend zu Fast Fashion und beinhaltet neben der Langlebigkeit von Kleidungsstücken auch die Verarbeitung umweltfreundlicher Materialien und Arbeitsprozesse und die Einhaltung von Arbeitsstandards für Näher*innen.

Aber – Schritt für Schritt. Was bedeutet Slow Fashion und was gilt es zu beachten?

Umweltfreundliche Materialien biologisch abbaubare Alternativen

Die Massenmodeindustrie belastet unsere Umwelt heutzutage massiv. Um Klamotten so billig wie möglich an die Konsument*innen bringen zu können, werden meist billige synthetische Fasern verarbeitet. Das ist weder gut für den Menschen, der das Plastik auf dem Körper trägt, noch für die Umwelt. Bei jeder Wäsche lösen sich Mikroplastikpartikel von den Fasern, die ins Grundwasser gelangen und es bleibt nach wenigem Tragen häufig nur ein Lumpen Plastikmüll übrig, der unmöglich zu flicken ist (und die Mühe ohnehin nicht wert).

Pflanzliche Naturfasern

Pflanzliche Naturfasern werden, wie der Name bereits sagt, aus Pflanzen gewonnen und sind dementsprechend kompostierbar.

Die gute alte Baumwolle lässt auf den ersten Blick keine Wünsche offen. Ein Baumwollstoff kann flattrig fein sein oder fest, elastisch als Jersey oder wärmend zu Fleece verarbeitet sein. Allerdings wird Baumwolle nicht in Europa angebaut, sondern stattdessen in (sub)tropischen Gebieten, wo sie wertvolle Wasserreserven aufbraucht. Außerdem ist die Baumwolle eine sensible Pflanze, die in konventionellem Anbau massiv mit Pestiziden gespritzt wird, um Schädlinge fernzuhalten; eine Belastung für Baumwollpflücker*innen, die oft in armen Weltregionen unter schlechten Arbeitsbedingungen ackern, und für die Umwelt. „Obwohl Baumwolle nur auf 2,5 Prozent der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche angepflanzt wird, werden 16 Prozent aller Insektizide auf Baumwolläckern verspritzt.“ (2) Bio-Baumwolle hat zum Glück einen wachsenden Marktanteil. Vor allem aufgrund nachhaltiger Wechselwirtschaft auf den Feldern sind Bio-Baumwollpflanzen resistenter und laugen den Boden weniger aus – der Einsatz von Pestiziden ist hier natürlich verboten.

Neben Baumwolle gibt es viele weitere Pflanzenfasern, einige werden von kleineren, nachhaltigen Labels gerade (wieder entdeckt) wie beispielsweise Materialien aus Holzfasern wie Lyocell, das u.a. aus Eukalyptusbäumen gewonnen wird (3). Ein Comeback erleben auch europäische Naturfasern, bei denen weite Lieferwege wegfallen und die beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Färbeprozessen europäischen Standards unterliegen müssen, die einfacher kontrolliert werden können. Am bekanntesten ist hier Leinen (Flachs), meiner Meinung nach eine völlig zu Unrecht vernachlässigte Faser. Hanf ist eine weitere großartige Grundlage für sommerliche Stoffe, Maisfasern (Überreste aus dem landwirtschaftlichen Nahrungsmittelanbau) oder Brennesseln eignen sich fantastisch als Grundlage für (Sommer-)Garne – die Liste ist lang.

Tierische Naturfasern

Ebenfalls rückstandslos lassen sich Naturfasern tierischen Ursprungs abbauen, auch wenn hier Veganer*innen aus Tierschutzgründen häufig verzichten. In diese Kategorie zählen die Wolle oder Fellhaar verschiedenster Tiere, angefangen natürlich mit der Schurwolle (einheimischer) Schafe, über warme Alpakawolle und fluffiges Mohair oder Kaschmir (Ziegenhaar) bis hin zu exotischen und außergewöhnlichen Fasern, die in kleinen Mengen zu edlen Strickstücken verarbeitet werden. Umweltbewusste (und tierrechtbewusste) Modelabels, Stoff- und Wollproduzent*innen achten hier auf artgerechte Tierhaltung und den Verzicht auf quälende Schärprozesse. Keine Faser, aber dennoch nachhaltiges Material sofern nicht aus Massentierhaltung stammend: Leder.

Der Teufel liegt im Detail

Es ist schwierig, heutzutage ein komplett plastikfreies Kleidungsstück zu finden – Knöpfe werden aus Plastik hergestellt und Nähzwirn ist zumeist aus Polyester. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen – ein Kleidungsstück, das überwiegend aus Naturmaterialien produziert ist, ist schon viel wert, zumal wenn die Produktion nachhaltigen Standards folgt und das Kleidungsstück viele Jahre getragen wird.

Nachhaltige Produktion – darauf gilt es zu achten

Durch die herkömmliche Massenproduktion von Textilien werden massiv CO2-Emmission freigesetzt und Ressourcen verprasst, nur damit wir kein Shirt 2x tragen müssen. Produktionsprozesse verbrauchen immens viel Wasser und Energie. Durch Färbeprozesse mit hochgiftigen Chemikalien wird das Wasser vor Ort verschmutzt und gelangt häufig ungefiltert in die Umwelt.

Nachhaltige Labels achten auf Ressourcenrecycling und darauf, dass keine giftigen Stoffe in die Umwelt gelangen. Zahlreiche Techniken beispielsweise in der Verarbeitung von Jeansstoffen oder Leder sind aus Schutz von Umwelt und Mensch in der EU längst verboten, werden in Produktionsländern außerhalb Europas jedoch dennoch fortgesetzt.

Natürlich trägt auch die gute Verarbeitung und dementsprechend Langlebigkeit essentiell zur Nachhaltigkeit eines Kleidungsstücks bei. Kleidungsstücke, die mich länger als eine kurze Saison begleiten, senken den Bedarf an Produktion. Im wirtschaftlichen Interesse eines auf Profitmaximierung ausgelegten Großunternehmens? Das kommt auf Prioritäten an. Im Interesse unseres angenehmen Lebens auf Planet Erde? Auf jeden Fall.

Letztendlich hat auch der Ort der Produktion eines Kleidungsstücks Einfluss auf dessen Nachhaltigkeitsfaktor. Der Großteil unserer europäischer Kleidung wird in Asien produziert und dann nach Europa verschifft. Lange Transportwege haben eine katastrophale Klimabilanz. Kleidung, die in Europa produziert wird, ist automatisch ein Stück nachhaltiger, aber dementsprechend auch teurer – denn Ausbeutung von Arbeitskräften ist hier um einiges schwieriger, was mich zu meinem dritten und letzten Punkt bringt: Faire Arbeitsbedingungen.

Faire Arbeitsbedingungen

Was haben faire Arbeitsbedingungen mit Nachhaltigkeit zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht eher weniger, abgesehen davon, dass der Verzicht auf giftige Stoffe in der Produktion automatisch einen positiven Effekt auf die Gesundheit derer hat, die für den westlichen Bedarf an Nähmaschinen schuften.

Nachhaltig leben bedeutet achtsam leben; Klimawandel kennt keine Ländergrenzen und betrifft uns alle. Wer auf dieser Position steht, aber mit seinem*ihren Gewissen vereinbaren kann, dass unter menschenverachtenden Zuständen Mode produziert wird, hat die gesamtpolitische Dimension unserer vernetzten Welt nicht verstanden. Nachhaltigkeit und Umweltschutz gehen Hand in Hand mit Sozialpolitik und globaler Gerechtigkeit.

Be the change – auf dem Weg zum nachhaltigen Kleiderschrank

Wie bei allen Dingen, die den Klimawandel betreffen, braucht es politische Lösungen und Regulierung, um die große Veränderung zu ermöglichen. Doch die Macht der Konsument*innen sollte nicht unterschätzt werden. Der erste Schritt ist weniger Konsum von Kleidungsstücken. Dabei hilft, beim Kauf direkt auf hochwertige Ware zu achten. Die kann zunächst etwas teurer sein, aber auf lange Sicht rechnet es sich. Secondhandläden haben inzwischen das Problem, dass es schwieriger wird, gutes Angebot zu haben (selbsterklärend), doch der Verkauf von Vintagekleidung boomt wieder. Kleidung aus Naturfasern können häufig unkompliziert geflickt werden – Omis auf YouTube erklären wie. Und das Herstellen der eigenen Kollektion an der Nähmaschine, mit den Stricknadeln oder mit der Häkelnadel bringt nicht nur Wertschätzung für die Produktion von hübschen Textilien, sondern garantiert tolle It-Pieces mit Alleinstellungsmerkmal und ein abwechslungsreiches Hobby. Der Wandel im Kleiderschrank ist einfacher, als gedacht. Viel Erfolg!


Möchtest du wissen, wie es mir in meinem ersten Jahr ohne Fast Fashion ergangen ist? Dann einmal HIER entlang!


Referenzen

  1. Ein Bericht von Greenpeace aus dem Jahr 2019 zeigt die negativen Umweltfolgen unserer Textilindustrie: https://greenwire.greenpeace.de/system/files/2019-04/s01951_greenpeace_report_konsumkollaps_fast_fashion.pdf
  2. Mehr Informationen zum Thema Baumwolle gibt’s hier: http://www.umweltinstitut.org/fragen-und-antworten/bekleidung/anbau-von-baumwolle.html
  3. (3) Das britische Modelabel „Palava“ arbeitet u.a. mit Lycell (Tencel): https://palava.co/pages/our-fabrics-new

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